Zu viel Stress kann krank machen. Das ist eine Binsenweisheit. Doch der Weg in die Entspannung ist gar nicht so einfach. Auch wenn es gelingt, den Lärm um einen herum abzuschalten, läuft die Maschine im Kopf weiter. Wie finde ich zur inneren Ruhe?
Was Dauerstress mit uns macht
Unsere Seele braucht die Ruhe wie der Körper die Luft zum Atmen. Wer ständig getrieben wird, kann nicht zur Gelassenheit finden. Trotz ihrer vielen Vorteile trägt insbesondere die digitale Vernetzung zu Unruhe, Zerstreuung und Stress bei.
Heute verbringen 18- bis 29-Jährige im Schnitt vier Stunden am Smartphone. So nützlich diese Geräte für Kommunikation, Recherche und Unterhaltung auch sein mögen, es handelt sich nicht mehr nur um technische Hilfsmittel. Smartphones sind regelrechte Zeitfresser, die uns süchtig nach Ablenkung machen können, und uns allzu oft dabei stören, uns auf unsere eigentlichen Ziele zu konzentrieren.
Die Dauerberieselung führt zur anhaltenden Aktivierung des vegetativen Nervensystems. Dieser Bestandteil unseres Nervensystems hält die lebenswichtigen Funktionen des Körpers aufrecht, unter anderem die Herzfrequenz, die Atmung und den Stoffwechsel. Es lässt sich nicht direkt willentlich kontrollieren, kann aber durch körperliche und mentale Aktivität (oder Inaktivität) indirekt beeinflusst werden.
Wird das vegetative Nervensystem übermäßig strapaziert, fühlen wir uns müde und ausgelaugt. Für gewisse Phasen können wir auch unter intensiver Anspannung leben und arbeiten. Kurzfristiger Stress stellt Energie zur Verfügung und ermöglicht uns, Hochleistung zu bringen. Aber es funktioniert nicht auf Dauer. Unser Körper ist nicht dafür gebaut, Monate oder Jahre lang dem Stress ausgeliefert zu sein. Die Überreizung des Nervensystems führt uns in eine ständige Alarmbereitschaft. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir Möglichkeiten finden, aus dem Stress raus und in die Ruhe zu kommen.
Entspannte Besinnung
Es klingt vielleicht widersprüchlich, aber um zu entspannen, müssen wir uns aktiv und bewusst darum bemühen. Um Ruhe zu finden ist es zunächst einmal wichtig, äußere Stress-Faktoren zu beseitigen oder zumindest deutlich zu reduzieren. In einem System der digitalen Überflutung muss man gezielt Vorkehrungen treffen, um sich von unnötigen äußeren Reizen zu distanzieren.
Das Smartphone für eine Weile abzuschalten ist zum Beispiel ein erster Schritt. Um aber auch die innere Getriebenheit zu überwinden und zu einer besonders heilsamen Ruhe zu finden, ist ein weiterer Schritt notwendig. Das Heilmittel gegen die Zerstreuung ist die Kontemplation. Kontemplation ist die ruhige und konzentrierte Betrachtung einer Sache, um tiefe Erkenntnis und Inspiration zu gewinnen. Es kann ein Bild sein, ein Gedanke, eine Frage oder auch ein Gebet. Dr. Raphael Bonelli beschreibt diesen Prozess ausführlich in seinem neuen Buch Die Weisheit des Herzens (2023).
Kontemplation erfordert Ruhe, innere Sammlung und die entspannte Besinnung auf das, was für uns wesentlich oder heilig ist. Diese geistige Übung erlaubt uns wieder bewusst zu werden, was uns wirklich wichtig ist im Leben. Wir werden sensibel für das, was uns unser Gewissen sagen möchte. Und wir erkennen unsere Freiheit, uns für das Gute, Wahre und Schöne zu entscheiden.
Kontemplation bedeutet nicht unbedingt, dass wir wie ein Zen-Meister stundenlang im Sitzen verharren. Im Gegenteil, Besinnung und Reflektion lässt sich wunderbar mit einem Spaziergang im Freien kombinieren. Zahlreiche Studien bestätigen die Wirkung des sogenannten Waldbadens auf die körperliche und seelische Gesundheit. Stundenlange Waldspaziergänge – natürlich ohne Handy – sind besonders wirksam, um runterzukommen, Kraft zu tanken und die innere Mitte zu finden.
Entdecken Sie Ihre innere Freiheit
Das permanente Gaffen auf ein Smartphone versperrt uns den Zugang zur Weisheit des Herzens. Wer sich den digitalen Reizen komplett aussetzt und seine persönlichen Ziele aus den Augen verliert, funktioniert nur noch wie ein Zahnrad in der Maschine. Der getriebene, von außen gelenkte Mensch leidet darunter, dass er sich nicht frei entfalten kann. Seine Werte, seine Gefühle und sein Denken werden ihm von außen übergestülpt. Wie ein Hund oder ein Pferd wird er durch die Trends der sozialen Medien konditioniert.
In der Ruhe und Sammlung hingegen finden wir den Zugang zu einer neuen Welt. Dort können wir den Stress des Alltags hinter uns lassen und das „innere Heiligtum“ betreten. Dieser besondere Aspekt des Herzens öffnet und schärft unser Bewusstsein für unseren ganz persönlichen Lebenssinn. Aus dem Inneren heraus zu leben, befreit uns nicht nur von unnötigem Stress. Es erlaubt uns zu werden, wer wir wirklich sein wollen.
