Der Weg zum Burnout

  • Redaktion
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Es passiert nicht selten, dass Menschen in ihrem Beruf leiden. Leider sind viele gefährdet, in ein „Burnout“ zu schlittern. Burnout bezeichnet das Empfinden, sich wörtlich wie „ausgebrannt“ zu fühlen. Es ist ein Zustand der völligen Überlastung. Ausgebrannte klagen über die eigene Unfähigkeit, ein inneres Gleichgewicht zu finden. Wie kommt es so weit? Und wie kann man sich aus diesem Zustand wieder befreien?

Die ersten Schritte Richtung Burnout

Der klinische Psychologe Herbert Freudenberger identifizierte insgesamt zwölf Stadien des Burnout-Symptoms. Das erste Stadium ist der Drang, sich selbst und insbesondere anderen etwas beweisen zu müssen. Es ist die Sehnsucht danach, von anderen gesehen und geschätzt zu werden. Wir haben heutzutage eine regelrechte Pandemie der Sucht nach Wertschätzung. Burnout-Gefährdete arbeiten nicht nur, um einer guten Sache zu dienen oder weil sie in einem Job unersetzbar wären, sondern weil sie wertgeschätzt werden möchten.

Die zweite Phase, die zum Burnout führen kann, ist ein extremes Leistungsstreben. Wieder geht es darum, Bestätigung von außen zu holen. Betroffene möchten besonders hohe Erwartungen erfüllen. Das klassische Beispiel ist der Chef, der die Latte hochhält und sagt: „Da musst du jetzt drüber. Und wenn du das schaffst, bekommst du noch einen Titel. Der ist sogar auf Englisch und lautet ‚Executive Director‘.“ Der Angestellte ist dann hellauf begeistert. Ob er dann auch mehr verdient, ist oft unwesentlich, denn der Status an sich zählt bereits als Symbol der Wertschätzung. Und dann bekommt er ein neues Türschild und macht fünf Überstunden mehr. Er ist vom Lob und Applaus des Chefs abhängig.

Tatsächlich sind Betroffene extrinsisch gestrickt. Das heißt, ihre ganze Motivation holen sie sich von außen. Sie reflektieren nicht, was ihnen persönlich wichtig ist oder worin ihre eigentliche Aufgabe und Berufung liegt. Sie fragen nicht, wo ihr wahrer Platz in der Welt ist, sondern woher sie am schnellsten Lob und Anerkennung bekommen. Sie benötigen die Bestätigung anderer, dass sie gut sind. 

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Vernachlässigung des Privatlebens

Das Bedürfnis nach Anerkennung ist ansteckend, da man mit anderen Kollegen um die Gunst des Chefs konkurriert. Die Musterschüler des Chefs wollen sich gegenseitig überbieten. Betrachtet man diese Dynamik auf gesellschaftlicher Ebene, so sieht man eine weite Verbreitung von perfektionistisch-narzisstischen Merkmalen. Menschen wollen einfach wertgeschätzt und belohnt werden. Wenn sie aber nur noch dafür arbeiten, haben sie den intrinsischen, also von innen motivierten, Sinn aus den Augen verloren. 

Das dritte Stadium des Modells von Freudenberger ist die Überarbeitung. Das bedeutet, Betroffene kommen immer später nach Hause, weil der Job die höchste Priorität einnimmt. In der Folge werden persönlichen Bedürfnisse, Partnerschaft und Kinder sowie andere soziale Kontakte vernachlässigt. Und so fällt man immer tiefer in die Spirale, denn die Sucht nach Wertschätzung ist ein Fass ohne Boden.

Die Sucht nach Wertschätzung: Gefangen im Bauchgefühl

In seinem neuen Buch Weisheit des Herzens – Wie wir werden, was wir sein wollen (2023), erläutert der Psychiater Dr. Raphael Bonelli das Verhältnis zwischen Bauch, Herz und Kopf. Das Bauchgefühl wird kurzfristig durch Lustmaximierung und Unlustvermeidung befriedigt. Die „affirmativen Reize“ triggern den Bauch. Dazu zählt auch die Wertschätzung. Je mehr Wertschätzung man bekommt, desto mehr wird das Bauchgefühl befriedigt.

Burnout-Betroffene leiden häufig darunter, dass der „Bauch“ stark und das „Herz“ schwach ist. Das bedeutet, dass der eigene Wille sich nicht entfalten kann. Das höchste Bedürfnis beschränkt sich darauf, gesehen und anerkannt zu werden.

Dabei muss die Führungskraft des Unternehmens nicht einmal ein Psychopath sein. Je mehr ein Chef sieht, dass ein Angestellter auf bestimmtes Feedback reagiert, umso mehr wird er es zum Zweck der wirtschaftlichen Produktivität einsetzen. Wenn Frau Mayer noch zwei Stunden nach Dienstschluss im Büro sitzt und dann als „heroisch“ und als „allerbeste Mitarbeiterin“ gelobt wird, wird ein spezifisches Verhalten gefördert. Betroffene kommen da nur sehr schwer raus, denn die Wertschätzung ist süß und schmeckt dem „Bauch“.

Diagramm: Affirmativen Reize im Bauch-Herz-Kopf-Modell.

Das Herz macht frei

Unser Handeln kann uns in einen Teufelskreis führen und uns die innere Freiheit rauben, wo sich jemand entscheidet, nur dem Chef oder der Gesellschaft gefallen zu wollen. Umgekehrt kann uns in solchen Situationen ein bewusstes und achtsames Handeln frei machen. Die Voraussetzung dafür ist, dass sich das Herz von den Bauchgefühlen unabhängig macht. Wenn sich das Herz am Guten und Tugendhaften orientiert, prägt das auch den Bauch im positiven Sinne. Der Bauch kann somit trainiert werden durch bewusste und werteorientierte Entscheidungen des Herzens.

Bildquellen
Ferbugs, https://www.pexels.com/photo/used-matchsticks-on-white-background-3398706/
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