Haltungsjournalisten spielen mit dem Feuer

  • Redaktion
  • ca. 4 Minuten Lesezeit

Teilen Sie diesen Artikel

Haltungsjournalisten wollen nicht wertfrei informieren. Sie vermischen Berichterstattung mit persönlicher Meinung. Sie möchten aktiv gestalten und die Gesellschaft durch Belehrung verändern. Menschen lassen sich aber nicht gerne bevormunden. Jetzt hat der Spiegel noch mehr „Haltung“ angekündigt. Ein zunehmender Vertrauensverlust in Medien und Politik ist zu befürchten.

Vertrauen braucht Sachlichkeit

Eine Partei in Deutschland bekommt immer mehr Zulauf von Personen, die von der Bundesregierung enttäuscht sind. Angesichts dessen schrieb die Spiegel-Redakteurin Susanne Beyer am 17. September 2023, dass Journalisten noch mehr Haltung zeigen und die Regierung vor Kritik schützen müssen. Doch es ist gerade die Verschränkung von Medien und Politik, die zum Vertrauensverlust in der Bevölkerung beiträgt. 

Die Situation ließe sich leicht deeskalieren, wenn sich Journalisten auf eine sachliche Berichterstattung besinnen würden. Menschen reagieren allergisch auf halbgebildete Besserwisser, die allen erklären wollen, wie die Welt funktioniert. Journalisten, die als politische Aktivisten agieren, werden als Möchtegern-Herrscher wahrgenommen. 

Gerade der Fall Hubert Aiwanger zeigte, wie dieser Reflex gegen Manipulation funktioniert. Eine mediale Mehrheit war darauf aus, den bayerischen Landesvorsitzenden der Freien Wähler zu vernichten. Vorgeblicher Grund war ein angeblicher Fauxpas Aiwangers in seiner Schulzeit, welcher mittlerweile 35 Jahre zurückliegt. Unabhängig davon, was jetzt an der Sache wahr oder falsch ist: Die Menschen spüren, dass der politische Wille in den Medien überhandnimmt, und sie wollen sich nicht bevormunden lassen. 

Hier geht’s zum RPP-Kanal auf YouTube.

„Politik des Bauches“

In Deutschland haben sich die Parteien verbündet, um eine oder zwei demokratisch gewählte Parteien exzessiv zu bekämpfen. Zugleich gehört eine Partei zu den „Guten“, die sich ausdrücklich als Nachfolgepartei der Sozialistischen Einheitspartei (SED) betrachtet. Die SED fungierte zwischen 1946 und 1989 als autoritäre Staatspartei der DDR, die alle Bereiche der Gesellschaft kontrollierte. Aus psychologischer Sicht wirkt diese Widersprüchlichkeit äußerst befremdlich. 

Eine Politik, die mit Empörung und Manipulation arbeitet, ist eine „Politik des Bauches“. Im Gegensatz dazu bemüht sich eine „Politik des Herzens“ um Demut. Sie beschränkt sich auf den Dienst an die Öffentlichkeit. Sie benutzt die Medien nicht, um zu spalten und zu hetzen.

Berichten ohne zu bevormunden

Haltungsjournalisten betrachten ihre Aufgabe nicht als Dienstleistung, sondern als Auftrag zur Veränderung nach ideologischen Maßstäben. Nur ihre Meinung zählt. Sie sehen ihre Leser nicht als kritische Bürger, sondern als manipulierbare Objekte. Es fällt auf, dass die Medien – insbesondere die Leitmedien – immer mehr dazu neigen, zu bewerten, zu urteilen und zu verurteilen. Bevor die Leser die wichtigsten Fakten über eine Situation wissen, werden sie zu einer vorgefertigten Meinung gedrängt. 

Einige Medienkonsumenten lassen sich tatsächlich dazu hinreißen, aus dem Bauch heraus zu urteilen. Viele fühlen sich aber durch die Meinungsdiktatur überrumpelt. Sie bevorzugen eine sachliche Berichterstattung, die unterschiedliche Sichtweisen nebeneinanderstellt. Ein Journalismus, der Meinungsvielfalt objektiv darstellt, achtet die Freiheit des Menschen. Er regt zum Denken an und erlaubt die Möglichkeit, sich eine persönliche Meinung zu bilden. 

Im Grunde ließe sich das Vertrauen in Medien und Politik leicht wiederherstellen. Es bräuchte dazu lediglich eine Prise Demut, ein Bemühen um Sachlichkeit und den Respekt vor den Menschen als mündige Bürger.

Freiheit, Gewissen und ein sinnerfülltes Leben

Medien tragen viel zum gesellschaftlichen Konformismus bei. Den Menschen werden die Werte vonseiten der Politik und der Medien extrinsisch – also von außen kommend – übergestülpt. Wer seine Entscheidungsfreiheit aufgibt, der lässt sein Gewissen zum rein mechanischen Empfängerorgan der äußeren Zwänge verkommen. Dann geht es nicht mehr um die langfristige Frage nach einem sinnerfüllten Leben. Es geht nur noch darum, was man kurzfristig darf, was schicklich ist, was man zu denken hat, wen es zu bewundern und nachzueifern gilt, wen man hassen und was man canceln soll.

Die Orientierung an kurzfristigen Trends ersetzt einen langfristigen Lebensentwurf. So entfernt sich der medial geköderte Mensch immer mehr vom Wahren, Schönen und Guten. Ständig quält ihn die Frage: Wo bekomme ich Bestätigung? Was darf ich denken, was wird schon bestraft? Wo finde ich Zuckerbrot, wo droht die Peitsche?

Lassen Sie Ihr Gewissen nicht vom medialen Lärm übertönen. Ständige Konditionierung macht anfällig für Manipulation. Aber es entspricht nicht dem Wesen des Menschen, wie Hunde oder Pferde dressiert zu werden. Wer seine persönlichen Werte verwirklichen möchte, lässt sich nicht treiben. Er bewahrt seinen freien Willen und lebt aus dem Herzen heraus.

Haltung ohne Zwang

Vertritt dieser Artikel denn keine Haltung? Ja, klar tut er das. Schließlich handelt es sich um einen gesellschaftskritischen Kommentar, der für Anstand und Werte einsteht. Aber im Unterschied zum Haltungsjournalismus wird hier weder eine parteipolitische Linie vertreten noch den Menschen vorgeschrieben, was sie zu denken haben. Wer Menschen zur Haltung zwingt, spielt mit dem Feuer.  

Bildquellen
Shane Devlin, https://unsplash.com/de/fotos/RAO7LpiJRFs
Folgen Sie dem RPP Institut auf Telegram und YouTube